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Medizintechnik
Beschreibung
Die Medizintechnik setzt sich als Fachrichtung hauptsächlich mit der Herstellung und Anwendung medizinischer Geräte, Produkte und Verfahren für die Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheiten auseinander. Die Medizintechnik stellt klassischerweise die Schnittstelle zwischen den Ingenieurswissenschaften und der Medizin dar, aber auch andere Disziplinen wie die Physik oder die Chemie sind zentral für die Forschung in diesem Bereich. Die Multidisziplinarität hat über die letzten Jahrzehnte nochmals zugenommen. Fortschritte in der Nanotechnologie oder der Robotik sorgten dafür, dass Fachrichtungen wie der Quantenphysik oder der Informatik heutzutage eine zentrale Rolle bei der Herstellung von vielen medizinischen Produkten zukommt.
Wichtige Beispielsfälle / Unterkategorien

Zur Medizintechnik zählen viele verschiedene Sparten, die oft nur schwer voneinander abgrenzbar sind. Die Herstellung, Reparatur und Wartung von medizinischen Geräten und Produkten innerhalb des Krankenhauses zählt zur Krankenhaustechnik (engl.: clinical engineering). Zu diesem Bereich gehören neben den im Krankenhausalltag häufig verwendeten Untersuchungs- und Messinstrumenten auch spezialisierte Produkte wie medizinischer Roboter. Operationsroboter können heutzutage chirurgische Eingriffe sehr viel präziser durchführen als dies per Hand möglich ist. Darüber hinaus können Roboter auch in anderen Bereichen des Krankenhausalltages eingesetzt werden. Teilautonome Pflegewagen entlasten das Personal bei einfachen und monotonen Aufgaben wie dem Transport von Waren, oder der Essens- und Medikamentenverteilung. Auch zur robotischen Medizintechnik gezählt werden Exoskelette, die bspw. Querschnittsgelähmten das Gehen ermöglichen können. Sie sind zwar bereits technisch ausgereift, aber aktuell noch sehr teuer. Eine weitere Sparte der Medizintechnik hat sich auf die Herstellung von Geräten für die bildgebende Diagnostik spezialisiert. Die Herstellung und Anwendung von Röntgen- oder Ultraschallgeräten zählt ebenso zu dem Bereich wie auch die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT). Darüber hinaus gehört auch die Herstellung einer Vielzahl anderer medizinischer Produkte, wie beispielsweise Implantate oder Hörgeräte zur Medizintechnik. In letzter Zeit werden solche Produkte zunehmend von 3D-Druckern hergestellt. Auch die medizinische Informatik wird oft als Sparte zur Medizintechnik gezählt.
Aktuelle Trends / Weiterentwicklungen

Die Medizintechnik ist eine enorm forschungsintensive Branche, in der kontinuierlich neue Technologien zur Anwendung kommen. Zuletzt stieg die Bedeutung der multidisziplinären Forschung in Bereichen wie der Nanotechnologie. In der bildgebenden Diagnostik konnten bereits erste Erfolge mit der Verwendung von speziellen Nanopartikeln als Kontrastmittel erzielt werden. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von Nanotechnologie bei der Computertomographie das Erstellen hochaufgelöster dreidimensionaler Bilder. Ein an der Technischen Universität München entwickeltes Nano-CT-System befindet sich aktuell im Praxistest und erreicht fast die Auflösung eines Elektronenmikroskops. Die Nanotechnologie kann auch bei der Herstellung von anderen medizinischen Produkten wie Implantaten verwendet werden. Nanobeschichtete Implantate sind stabiler, härter und haltbarer als bisherige Implantate, und besitzen darüber hinaus auch ein geringes Abstoßrisiko. Die Verwendung von Nanostrukturen als Werkstoff für den 3D-Drucker könnte beispielsweise die Herstellung winziger Batterien ermöglichen, die in Herzschrittmachern oder in Hörgeräten eingebaut werden können. Auch neue Entwicklungen in der Robotik werden die Medizintechnik der Zukunft prägen.
Branchen / Akteure / Kooperationspotenziale

Akteure in anderen Branchen, etwa ITK oder Maschinenbau, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenhäuser.
Anbieter / Entwickler

Die Bandbreite der Medizintechnik-Anbieter reicht von großen Konzernen wie Siemens Healthineers und Fresenius Medical Care bis hin zu Startups wie z. B. Glasschair, Sonormed, Franka Emika oder Brainlab.
Treiber

Die produktseitige Forschung wird meist von den Herstellern der Branche übernommen. Die Grundlagenforschung (beispielsweise zu Nanotechnologie oder Robotik) erfolgt hingegen meist in universitären oder institutionellen Einrichtungen. Darüber hinaus spielen auch Förderprogramme der EU, der Bundesländer oder der Bundesregierung eine zentrale Rolle als Forschungstreiber.
Hemmnisse

Laut einer Mitgliederumfrage des Branchenverbandes Medizintechnologie im Jahr 2016 sind die größten Hemmnisse für die Branche der Preisdruck, der von Einkaufsgemeinschaften ausgeht und auch die als innovationsfeindlich wahrgenommenen Einstellungen seitens der Krankenkassen. Darüber hinaus stellt die hohe Regulierungsdichte auf dem Markt für medizinische Produkte auf nationaler wie auch auf EU-Ebene ein Hemmnis für viele Unternehmen der Branche dar.
Ökonomische Bedeutung

Deutschland ist nach den USA und China der drittgrößte Produzent von medizintechnischen Produkten. Die deutsche Industrie für Medizintechnik erzielte im Jahr 2017 einen weltweiten Umsatz von fast 30 Milliarden Euro. Gut zwei Drittel dieses Umsatzes wurden im Ausland erzielt. Mit rund 30.000 Beschäftigten hat die bayrische Medizintechnikindustrie eine Führungsrolle in Deutschland und Europa.
Referenzen

Klein, B., Graf, B., Schlömer, I., Roßberg, H., Röhricht, K. und Baumgarten, S. (2017). Robotik in der Gesundheitswirtschaft. Heidelberg, Neckar: medhochzwei Verlag.
zur Publikation (Stand 26.07.2018)
zum Beitrag (Stand 26.07.2018)
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