41 Steckbriefe
Elektronische Patientenakte
Beschreibung
Bei der elektronischen Patientenakte handelt es sich um eine (landesweite) sektor- und fallübergreifende Datenbank, in welche Arztpraxen, Kliniken und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens (z. B. Apotheken und Pflegeeinrichtungen) relevante medizinische Daten patientenbezogen einpflegen können. Die eingegebenen Informationen können sich u. a. auf die Krankengeschichte, Befunde und Medikation eines Patienten beziehen. Zugriff auf die Daten hat grundsätzlich das gesamte Behandlungsteam des Patienten, sofern dieser dies autorisiert hat. Der Vorteil elektronischer Patientenakten besteht insbesondere darin, dass durch den verbesserten Informationsfluss zwischen den relevanten ärztlichen und nichtärztlichen Akteuren Behandlungsfehler minimiert werden können. Dadurch können insgesamt die Effektivität, die Effizienz und die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert werden. Patienten können überdies leichter auf ihre medizinischen Daten zugreifen und sich genauer über ihre Diagnose, Therapie und Behandlungsergebnisse informieren. Daneben können die (anonymisierten) Daten auch für Forschungszwecke genutzt werden.
Aktuelle Trends / Weiterentwicklungen

Elektronische Patientenakten werden allmählich in immer mehr Ländern etabliert. In Estland werden z. B. seit 2013 patientenbezogene Informationen zu Arztbesuchen, Befunden und Medikamenten in einer landesweit einheitlichen elektronischen Patientenakte gespeichert. Zugriff auf die Akten haben Arztpraxen und Kliniken, die vom jeweiligen Patienten dafür autorisiert wurden. Umgesetzt wird das elektronische Aktensystem mittels eines webbasierten, verschlüsselten Portals; die Speicherung der Daten erfolgt zentral. Neben Estland haben in Europa u. a. auch Dänemark, Schweden und Österreich die elektronische Patientenakte als festen Bestandteil ihrer nationalen E-Health-Strategie etabliert. Auf globaler Ebene ist Israel einer der Vorreiter bei der elektronischen Patientenakte. Bereits Anfang der 1990er Jahre begann dort ein großer Versorgungsträger mit dem Aufbau eines übergreifenden elektronischen Aktensystems. Mittlerweile können die patientenbezogenen Daten, die auch zur Versorgungsforschung genutzt werden, per Tablet oder Smartphone auch von den Patienten eingesehen werden. In Deutschland wird die Einführung einer bundesweiten elektronischen Patientenakte bereits seit Längerem diskutiert. Die Umsetzung läuft bisher jedoch schleppend. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht die Einführung einer digitalen Patientenakte auf Bundesebene erst bis 2021 vor. Angesichts dieser Entwicklung entscheiden sich zunehmend einzelne Akteure des Gesundheitswesens – darunter private Klinikketten sowie Krankenkassen – dazu, eigene elektronische Aktensysteme einzuführen, um damit patientenbezogene Daten zentral und digital zu erfassen und auszutauschen. Die Einführung einer kassenübergreifenden elektronischen Patientenakte wird gegenwärtig in Bayern im Rahmen eines Modellprojekts erprobt. In der elektronischen Patientenakte „Meine Gesundheitsakte Digital“ werden u. a. Notfalldaten, Mutterpass, Informationen aus Fitnessarmbändern und Krankenhäusern gespeichert.
Branchen / Akteure / Kooperationspotenziale

Bei der Einführung und Nutzung elektronischer Patientenakten sind insbesondere Leistungserbringer (Arztpraxen, Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen), Patienten, Krankenkassen, IT-Dienstleister und die Forschung die entscheidenden Akteure.
Kooperationspotenziale bestehen zwischen Krankenkassen, Leistungserbringern und IT-Dienstleistern.
Anbieter / Entwickler

Elektronische Patientenakten werden unter anderem entwickelt von Unternehmen wie Careon, Compugroup, IBM, InterSystems oder vitabook.
Treiber

Umfragen zeigen ein in weiten Teilen der Bevölkerung bestehendes Interesse an der Nutzung einer elektronischen Patientenakte. Im sogenannten E-Health-Gesetz, das Ende 2015 verabschiedet wurde, wurde die elektronische Patientenakte als wesentliches Element der Telematikinfrastruktur verankert.
Hemmnisse

In Deutschland gibt es bisher keine eindeutige Strategie zur flächendeckenden Etablierung von elektronischen Patientenakten. Herausforderungen bestehen u. a. bei der Festlegung der Inhalte der Akte, des Datenschutzes, des Zugangsmanagements, der Haftung, der Interoperabilitätsstandards und der Finanzierung. Sofern die Patienten selbst entscheiden, welche ihrer Daten in der elektronischen Akte gespeichert werden bzw. welche Akteure Zugriff auf die Daten haben, gibt es für die ärztlichen und nichtärztlichen Akteure des Gesundheitswesens keine Garantie auf Vollständigkeit. Im Zweifelsfall müssen die erforderlichen Informationen auf herkömmlichem Weg beschafft werden, wodurch keine Arbeitszeit eingespart werden kann.
Ökonomische Bedeutung

Kostenersparnisse bzw. Effizienzgewinne ergeben sich durch die Vermeidung von Doppelbehandlungen und durch die elektronische Ausstellung von Rezepten, Arztbriefen und Überweisungen.
Referenzen

zur Publikation (Stand 26.07.2018)
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