Gesundheitswesen in Deutschland
Durch die Organisation über eine Sozialversicherung unterscheidet sich das deutsche Gesundheitssystem von staatlich finanzierten Systemen, die die Kosten der Gesundheitsversorgung maßgeblich über Steuermittel aufbringen, sowie von marktwirtschaftlich orientierten Systemen, die die Absicherung von Krankheitsrisiken ausschließlich über privatwirtschaftlich organisierte Versicherungsunternehmen abdecken.
Ziel einer Sozialversicherung ist es, elementare Lebensrisiken zumindest teilweise abzusichern. Sie beruht auf den drei Prinzipien Eigenverantwortung, Subsidiarität und Solidarität. Charakteristisch für Sozialversicherungen ist das Prinzip der Selbstverwaltung. Träger und Leistungserbringer des Gesundheitswesens sowie Arbeitgeber und Versicherte organisieren sich selbst, um das Gesundheitssystem zu steuern und zu gestalten. Der Staat skizziert dabei die Rahmenbedingungen und führt die Aufsicht. Das deutsche Gesundheitssystem kann deshalb als ein Mittelweg zwischen staatlich finanzierten und organisierten Systemen sowie rein privatwirtschaftlichen Systemen gesehen werden.
Neben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in der in Deutschland rund 72,6 Millionen Menschen versichert sind, existiert auch eine private Krankenversicherung (PKV) mit 8,8 Millionen Versicherten. Aufgrund dieses zahlenmäßigen Unterschieds ist das Gesundheitswesen daher maßgeblich durch die Strukturen der GKV geprägt. Insgesamt wird das deutsche Gesundheitswesen von zahlreichen Akteuren und Institutionen gestaltet. Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik sind die Zuständigkeiten und Aufgaben im Gesundheitswesen zwischen dem Bund und den Ländern aufgeteilt.
Auf Bundesebene bildet der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) das zentrale Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung. Er erlässt Richtlinien für die medizinische und pflegerische Versorgung, bewertet den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit von Behandlungsmethoden und beschließt Maßnahmen zur Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Bereich. Er ist besetzt mit Vertretern der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Dabei gestaltet Letzterer maßgeblich die Gesundheitsversorgung für die gesetzlich Krankenversicherten.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft vertritt die Interessen der Krankenhäuser und bearbeitet Grundsatzfragen der stationären Versorgung. Die Kassen(zahn)ärztliche Bundesvereinigung ist die Interessenvertreterin der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und stellt die ambulante örtliche Versorgung der gesetzlich Versicherten sicher.
Auf Landesebene sind die Akteure in die konkrete Ausgestaltung der ambulanten und stationären Versorgung eingebunden, deren Rahmenbedingungen auf Bundesebene geschaffen werden. So sind die Gesundheitsministerien der Länder u. a. für die Krankenhausplanung und damit für die Bereitstellung ausreichender Kapazitäten für die akutstationäre Versorgung zuständig. Die ambulante Versorgung wird durch die niedergelassenen Ärzte gewährleistet, die Versorgung mit Arzneimitteln übernehmen öffentliche Apotheken. Die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen bringen die regionalen Versorgungsbedürfnisse in Einklang mit den bundesweit gültigen Bedarfsplanungs-Richtlinien und sind verpflichtet, gegenüber den Krankenkassen eine ordnungsgemäße Erbringung der ambulanten Leistungen durch ihre Mitglieder zu gewährleisten. Für die stationäre Versorgung werden auf Länderebene sogenannte Krankenhauspläne erstellt, um ausreichende Kapazitäten für die Versorgung zu schaffen.
Die GKV sichert rund 90 Prozent der Bevölkerung gegen finanzielle Risiken ab, die mit den Kosten einer Erkrankung einhergehen. Die Finanzierung erfolgt aus den Beitragszahlungen der Versicherten und aus einem Bundeszuschuss, der seit 2017 auf jährlich 14,5 Milliarden Euro festgeschrieben ist. Er wird aus Steuermitteln finanziert und soll versicherungsfremde Leistungen, wie z. B. die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Ehepartnern, decken.
Der Beitragssatz, der auf Arbeitsentgelte, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsleistungen für die GKV erhoben wird, beträgt seit 2015 14,6 Prozent (ermäßigt 14,0 Prozent). Der Arbeitgeberanteil ist auf 7,3 Prozent fixiert. Die restlichen 7,3 Prozent sind durch den Arbeitnehmer zu tragen. Zusätzlich können Zusatzbeiträge anfallen, wenn die Kassen ihre Ausgaben nicht decken können, die bisher alleine vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Ab 2019 werden auch die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach Plänen der Bundesregierung wieder zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert. Wenn dabei von einer Wiederherstellung der Parität gesprochen wird, wird allerdings verkannt, dass die Arbeitgeber schon heute einen wesentlich höheren Anteil der Gesundheitskosten tragen als die Versicherten, da die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einseitig von den Arbeitgebern getragen wird.
Insgesamt beliefen sich die Einnahmen der GKV im Jahr 2016 auf rund 224 Milliarden Euro. Die Beitragseinnahmen der PKV lagen im gleichen Zeitraum bei gut 37 Milliarden Euro.