Wissenstransfer und Kooperationen
Zielgruppengerechte Ansprache

Um den Mittelstand besser zu erreichen, müssen Hochschulen stärker berücksichtigen, wo sich gerade kleinere Unternehmen über neue technologische Trends informieren, und versuchen, sie genau dort zu erreichen. Da Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern sich – jenseits des Kontakts mit Herstellern und Händlern – vorwiegend in ihrem unternehmerischen Umfeld und in Fachzeitschriften informieren, müssen die Hochschulen dort mit zielgruppengerechten Artikeln, Teilnehmern und Vorträgen präsent sein.
Die Hochschulen müssen neue Formate erproben, um Kooperationspartner auch aus dem Mittelstand zu erreichen. Ein Beispiel könnten Speeddatings an den Universitäten sein.
Bildungsangebote

Hochschulen sollten darin befähigt und gestärkt werden, ihr Know-how noch mehr in die Weiterbildung und in den Wissenstransfer für Unternehmen einzubringen. Hochschulen sind bestens geeignet, qualitativ hochwertige Angebote für lebenslanges Lernen in neuen Technologien zu entwickeln und auszubauen. Sie müssten dieses Angebot auch in Richtung präsenzarmer Online-Programme ausdifferenzieren und diese auch nicht akademischen Zielgruppen besser zugänglich machen. Das Angebot an berufsbegleite den Studiengängen sowie Weiterbildungen, als Zertifikatskurse oder Modulstudiengänge, muss weiter ausgebaut werden (vgl. Kachel 02.2.2, Ausklapper 7). Zusätzlich gilt es die Nutzung sowie die Anknüpfung an bestehende Bildungsportale und einschlägige Plattformen zu verstärken. Ein Beispiel für eine Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaft im Rahmen transferorientierter Formate sind die Lernlabore Cybersicherheit. In Bayern ist die Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Amberg-Weiden Teil des entsprechenden Konsortiums „Embedded Systems, Mobile Security und Internet of Things“, dem ansonsten das Fraunhofer AISEC und das Fraunhofer IIS und die HTW Aalen angehören.
An den Hochschulen muss ausreichend spezialisiertes Personal vorgehalten werden, um Informatik-Lehrer für allgemeinbildende Schulen optimal auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Notwendig sind eine entsprechende Personalplanung und der zielgerichtete Einsatz entsprechender, von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellter Mittel (vgl. Kachel 02.2.2, Ausklapper 3).
Forschungslandkarte

Woran gerade wo und mit welcher Zielrichtung geforscht wird bzw. wo die entsprechenden Kompetenzen vorhanden sind, erschließt sich für einen Außenstehenden – also auch an Kooperationen und / oder an Informationen über neue Entwicklungen grundsätzlich interessierte Unternehmen – nicht und ist auch für Mitglieder der Forschungsgemeinschaft kaum zu überschauen.
Bislang gibt es für Deutschland und Bayern verschiedene verteilte, teilweise veraltete, sehr abstrakte, auf Einzelaspekte fokussierte und jeweils nicht vollständige Übersichten. Notwendig ist eine umfassende und tagesaktuelle Karte, die Hochschulforschung und außeruniversitäre Forschung umfasst, aktuelle Projekte (ggf. auch abgeschlossene, die für diesen Zweck nach vergleichbaren Kriterien – z. B. Schlagworte, Vorgaben für die Ergebnisdarstellung – aufbereitet werden) enthält und die Suche nach Kooperationspartnern ermöglicht. Aus Gründen der Aktualität und Praktikabilität müssen die Inhalte von den einzelnen Beteiligten nach dem Wikipedia-Prinzip selbst erstellt werden können.
Beispiel Hochschulrektorenkonferenz
Die Forschungslandkarte der Hochschulrektorenkonferenz wäre ein Anfang, zeigt aber zugleich auf, woran es bislang noch fehlt: Es gibt auf derselben Homepage getrennte Karten für Universitäten und Fachhochschulen. Die Definition eines Forschungsschwerpunkts ist relativ eng gefasst (mindestens 25 kooperierende Professuren, Obergrenze pro Universität / Fachhochschule), da gezielt (nur) profilbildende Schwerpunkte aufgezeigt werden sollen. Das führt allerdings dazu, dass deutschlandweit lediglich sieben Schwerpunkte im Bereich künstliche Intelligenz ausgewiesen werden, davon keiner in Bayern, und bayernweit nur eine Universität überhaupt den Forschungsschwerpunkt Digitalisierung nennt (Erlangen-Nürnberg).
Verwertung

Zum Wissenstransfer gehört auch die Verwertung des erzeugten Wissens. Grundsätzlich muss es das Ziel der Hochschulen sein, die Nutzung zu erleichtern. Während Wirtschaft und Gesellschaft von der Umsetzung in Produkte, Prozesse oder Geschäftsmodelle profitieren können, nützt jede erfolgreiche Verwertung wiederum direkt oder indirekt der Hochschule (z. B. inter- nationale Reputation, Unternehmensanteile, Spenden). Bereits in früheren Handlungsempfehlungen wurde auf die große Bedeutung der Intra- bzw. Entrepreneurships hingewiesen, die es fortlaufend weiter zu stärken gilt.
Ein wichtiges Element ist der Umgang mit Erfindungen. Jede Wissenschaftseinrichtung ist daher gefordert, sich eine Verwertungs- und Patentstrategie zu geben bzw. die bestehende auf den Prüfstand zu stellen. Die Erfahrungen mit der Bayerischen Patentallianz (BayPAT) zeigen hier große Unterschiede. Es geht dabei nicht notwendigerweise um eine stärkere eigene Verwertungsaktivität der Hochschulen; dafür sind erhebliche Ressourcen und Kompetenzen notwendig. Entscheidend ist, dass die Spielregeln (z. B. Bewertungsverfahren und -maßstäbe, Gegenleistung für die Hochschule) von vornherein klar sind, Ausgründungen erleichtert werden und die Geschwindigkeit der Verfahren erhöht wird.
Insgesamt sind die bayerischen Hochschulen bei den Umsetzungserfolgen durchaus gut aufgestellt. Im Reuters-Ranking, das die Innovations- und Umsetzungserfolge von Universitäten misst, nehmen bayerische Universitäten seit Jahren Spitzenpositionen ein. Hier fließen wissenschaftliche Publikationen, Patentanmeldungen und gemeinsame Entwicklungen mit der Industrie ein. Im Ranking 2019 belegt die FAU Erlangen- Nürnberg Platz europaweit Platz 2 (nach Platz 5 in 2018), die TUM liegt auf Platz 7, die LMU auf Platz 20. Die Platzierungen in den diversen Rankings illustrieren allerdings auch die Bedeutung einer aktiven Gestaltung des Patentportfolios. Ein Beispiel sind die Aktivitäten der bayerischen Hochschulen im Bereich KI, in dem die deutschen Forschungsinstitutionen in den Patenstatistiken eher auf den hinteren Rängen landen, während etwa das Magazin Times Higher Education mit einer Zitationsanalyse die TUM auf einem hervorragenden Platz sechs weltweit sieht. Angesichts des weltweit stark ansteigenden Interesses an Software- Patenten im Zusammenhang mit technischen Systemen ist es in jedem Fall angezeigt, die eigene diesbezügliche Strategie zu hinterfragen.

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