Digitalisierung und Wertschöpfungsgrad auf Ebene von Unternehmen
Da die herkömmlichen Instrumente der Volkswirtschaft an ihre Grenzen stoßen, wurden für die Studie Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung die Effekte auf Ebene der Unternehmen herausgearbeitet und dort auch zwischen bloßer Computerisierung und Digitalisierung unterschieden bzw. der Zusammenhang zwischen Umsätzen und Wertschöpfung einerseits sowie digitalem Reifegrad andererseits hergestellt.
Dazu wurde eine bundesweite Unternehmensbefragung durchgeführt, an der 2.500 Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen teilgenommen haben. Die folgenden Angaben beziehen sich auf diese Erhebung.
Reifegradmodell
Auf Ebene von Unternehmen und Verwaltung können verschiedene Stufen der digitalen Reife unterschieden werden: von Stufe 0 (gar nicht digitalisiert) bis Stufe 4 (sehr stark digitalisiert), wobei der Unterschied zwischen Computerisierung (Stufen 1 und 2) und Digitalisierung (Stufen 3 und 4) im Wesentlichen in der Fähigkeit zur Abbildung der realen Welt in virtuellen Datenmodellen liegt und darauf aufbauend in der Etablierung daten-basierter Geschäftsmodelle. Entscheidend für die digitale Transformation sind auch die digitale Affinität der Menschen, der Grad ihrer Internetnutzung und die Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Anwendungen sowie die Intermediäre, die die Voraussetzung für die Vernetzung schaffen.
Digitale Ökonomie
Digitalisierung auf Prozessebene
Im Bereich Industrie und Industrienahe Dienstleistungen sind etwa 10 Prozent der Unternehmen noch auf Stufe 0. Von den restlichen sind ca. 80 Prozent auf den Stufen 1 und 2 (computerisiert) und 20 Prozent auf den Stufen drei und 4 (digitalisiert), wobei nur rund zwei Prozent heute schon die höchste Stufe erreichen. Im Dienstleistungsbereich ist der Anteil der digitalisierten Unternehmen deutlich höher als in der Industrie, wobei es auch innerhalb der Industrie erhebliche Unterschiede gibt; die M+E Industrie liegt bei 17 Prozent digitalisierter Unternehmen.
Digitalisierung auf Produktebene
Als vollständig digitale Produkte (einschließlich Dienstleistungen) im Sinne der hier durchgeführten Erhebung wurden nur solche gewertet, die gar keine physischen Komponenten beinhalten. Unter die größere Gruppe der Produkte mit digitalen Komponenten (hybride Produkte) fallen die gerade in der heimischen Industrie besonders relevanten cyber-physischen Systeme, bei denen physische und digitale Elemente eng verwoben werden (z. B. Roboter, Automobile). Mit digitalen Produkten bzw. Produkten mit digitalen Komponenten werden heute 16 Prozent der Umsätze und gut 14 Prozent der Wertschöpfung erwirtschaftet. Auch hier ist der Anteil bei den Dienstleistern höher und in der M+E Industrie wiederum innerhalb der Industrie überdurchschnittlich.
Der Umsatzanteil steigt mit dem Reifegrad deutlich an. Digitalisierte Unternehmen (Stufen 3 und 4) erwirtschaften gut 42 Prozent ihrer Umsätze mit digitalen Leistungen und damit deutlich mehr als doppelt so viel wie die computerisierten Unternehmen.
In Bezug auf die gesamte Wertschöpfung sind es bei den digitalisierten Unternehmen 38 Prozent und damit etwa dreimal so viel wie bei den computerisierten (12,4 Prozent). Die etwas geringeren Werte im Vergleich zum Umsatzanteil erklären sich aus einer geringeren Fertigungstiefe: Im digitalen Bereich wird mehr zugekauft. In Bayern liegen Fertigungstiefe und Wertschöpfungsanteil leicht über dem Bundesdurchschnitt.
Mit dem digitalen Reifegrad steigen über die Digitalisierungsstufen kontinuierlich an:
- Der Mitarbeiterzuwachs
(digitalisierte Unternehmen + 40 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Unternehmen) und - das Umsatzwachstum (+ 80 Prozent)
Digitalisierte Unternehmen sind also erfolgreicher.
Die Unternehmen erwarten, dass sich die digitalen Umsatzanteile in den kommenden fünf Jahren verdoppeln. Bei den meisten Unternehmen, die bereits Digitalisierungsmaßnahmen durchgeführt haben, zeigen sich erste Ergebnisse – in der Regel besteht schon zwei Jahre nach Einführung Klarheit über die Wirksamkeit. Bei zwei Dritteln wurden die mit den Maßnahmen verfolgten Ziele vollständig erreicht oder sogar übertroffen, was den Optimismus erklären könnte.
|
Reifegrad |
Unternehmen1 |
Digitaler Umsatz2 |
Digitale Wertschöpfung3 |
|
|
1 |
Unterstützend computerisiert |
54,7% |
11,8% |
11,3% |
|
2 |
Gestaltend computerisiert |
25.4% |
17,0% |
16.1% |
|
1+2 |
Computerisiert |
80,1% |
13,0% |
12,4% |
|
3 |
Teilautonom |
17,9% |
43,4% |
39,4% |
|
4 |
Autonom digitalisiert |
2,0% |
37,5% |
31,6% |
|
3+4 |
Digitalisiert |
19,9% |
42,3% |
38,0% |
|
Gesamt |
100,0% |
15,5% |
14,6% |
|
1 in Prozent aller Unternehmen
2 in Prozent des Gesamtumsatzes
3 in Prozent der gesamten Wertschöpfung
Quelle: TwinEconomics in vbw 2017, Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung
Handwerk
Eine Sonderauswertung für das Handwerk zeigt, dass die Digitalisierung hier im Vergleich zur Industrie und zu den industrienahen Dienstleistungen noch weniger weit fortgeschritten ist: Gut sechs Prozent der Unternehmen sind digitalisiert, fast 94 Prozent der Reifegradstufe computerisiert zuzurechnen. Auch im Handwerk entwickeln sich die Beschäftigung und der Umsatz mit steigendem digitalen Reifegrad der Unternehmen deutlich dynamischer – es sind also noch erhebliche Potenziale zu heben.
Gesamtwirtschaftliche Effekte
Die Unternehmen des Bereichs der Industrie und der industrienahen Dienstleistung en haben 2016 bundesweit eine Wertschöpfung von 1.672 Milliarden Euro erwirtschaftet. Anhand des Digitalanteils lässt sich errechnen, dass in den Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen im Jahr 2016 rund 244 Milliarden Euro an Wert-schöpfung (brutto) unmittelbar der Produktion digitaler Güter und Dienstleistungen zuzurechnen sind. Ohne die – von den Unternehmen geschätzten – nicht digitalen Anteile in hybriden Produkten errechnet sich eine digitale Wertschöpfung in Höhe von etwa 200 Milliarden Euro (netto).
Auf die Gesamtwirtschaft übertragen errechnet sich auf Basis der Nettobetrachtung eine digitale Wertschöpfung von rund 332 Milliarden Euro im Jahr 2016.