Die umfassende digitale Speicherung der Gesundheitsdaten – ob auf einer Karte oder in anderer Weise (in Norwegen beispielsweise über eine App) – ist ein Muss. Erst dieses System und die darauf aufbauende Datennutzung ermöglichen wesentliche weitere Verbesserungen sowohl bei der Versorgungsqualität als auch der Optimierung von Prozessen.
Die elektronische Patientenakte ermöglicht unter anderem eine Unterstützung der fachärztlichen Versorgung, vor allem bei komplexen Herausforderungen, chronischen oder seltenen Erkrankungen, eine bessere Notfallversorgung, eine Verringerung der Risiken aus Medikamentenunverträglichkeiten und Wechselwirkungen und übergreifende Erkenntnisse für die Entwicklung neuer oder die Verbesserung bestehender Therapien. In Deutschland wird die Anzahl medikamentenbedingter Todesfälle auf rund 25.000 im Jahr geschätzt, die Anzahl der Fälle ernster Nebenwirkungen liegt im deutlich sechsstelligen Bereich. Etwa acht Prozent der Notfallpatienten in der Klinik Fürth werden aufgrund von Medikamentennebenwirkungen eingeliefert, andere Kliniken melden ähnliche Zahlen. Die Hauptursachen liegen in der Nichtbeachtung von Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und in der fehlenden Berücksichtigung individueller Arzneimittelunverträglichkeiten. Ein Teil dieser Fälle könnte alleine mit besserer Datenerfassung verhindert werden.
Aktuell gibt es zwar eine elektronische Gesundheitskarte, die aber keine relevanten Gesundheitsdaten enthält. Die Gründe dafür, dass Deutschland heute so weit hinter den Möglichkeiten zurückbleibt, sind nur eingeschränkt technischer Natur. Die mit diesen Mitteln mögliche stärkere Transparenz und Effizienz im Gesundheitswesen wird nicht von allen Mitwirkenden gleichermaßen angestrebt. Hinzu kommt, dass durch das sehr komplex organisierte Gesundheitswesen eine große Anzahl gesetzlicher und privater Krankenkassen und unterschiedlicher Leistungserbringer eine Vereinheitlichung im Sinne von Patientenkarte und Patientenakte auch aus organisatorischen Gründen schwierig ist. So hat beispielsweise Dänemark ein staatliches Gesundheitswesen und damit in ganz anderer Weise die Möglichkeit, Prozesse so zu vereinheitlichen, dass die digitalisierte Patientenakte ebenso effizient wie effektiv ist.
ersten Schritt müssen kurzfristig Notfalldaten verfügbar gemacht werden. Ein entsprechendes Pilotprojekt dazu läuft bereits. Dabei sollte nach Möglichkeit die für die E-Karte von der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH) mit hohem Mitteleinsatz geschaffene Infrastruktur genutzt werden.
Erforderlich ist die Einführung einer einheitlichen Akte, keine Insellösungen bei den einzelnen Krankenkassen. Auch die Selbstverwaltung muss stärker mit in die Verantwortung genommen werden. Der Weg über Pilotanwendungen (z. B. „Meine Gesundheitsakte Digital“ der Bayerischen Staatsregierung) ist richtig, muss aber schnellstmöglich in die Fläche getragen werden.
Die dafür notwendige Optimierung der Rahmenbedingungen im Bereich des Sozialdatenschutzes muss sensibel vorgenommen werden. Dabei ist es grundsätzlich richtig, wie nach geltendem Datenschutzrecht vorgesehen, die Hoheit über personenbezogene Daten beim Patienten/Bürger zu belassen, der dann Ärzten, Krankenhäusern oder weiteren Dritten Zugriff gewähren kann.
Anonymisierte oder pseudonymisierte Daten müssen dagegen umfassend auch für die Forschung nutzbar, mit anderen Datenbeständen verknüpfbar und bei Bedarf weltweit austauschbar sein. Wenn das Datenschutzrecht hier zu hohe Schranken aufstellt, ist es anzupassen.
Zwischen Versicherten und Krankenkassen muss eine umfassende elektronische Kommunikation ermöglicht und eingerichtet werden, die sich hinsichtlich der Authentifizierung am Banken- oder Versicherungsgeschäft orientieren kann.