Eigenverantwortung hat zwei Seiten: Der Gesetzgeber muss sie zulassen und die vielen Akteure des Gesundheitswesens müssen sie – auch über die nachstehend genannten Bereiche hinaus – wahrnehmen. Viele Regelungen im Gesundheitsbereich dienen letztlich nur dazu, erkannte Fehlentwicklungen zu korrigieren und Fehlanreize für die Zukunft zu reduzieren. Ein guter Schutz gegen übermäßige Regulierung, die letztlich jeden mindestens im Sinne von bürokratischen Anforderungen trifft, ist eigenes verantwortliches Verhalten aller Akteure im Gesundheitsbereich. Anderenfalls kommt es ständig zu neuen Rufen nach Regulierung.
Die Eigenverantwortung der Beteiligten muss gestärkt werden. Dazu gehören sozial abgefederte prozentuale Eigenbeteiligungen bei der Inanspruchnahme von Leistungen, um ein Kosten-Leistungs-Denken zu etablieren. Insbesondere im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung werden Mitnahmeeffekte gefördert. Für jeden Versicherten bestehen Anreize, für den entrichteten Versicherungsbetrag ein Maximum an Leistungen zu erhalten.
Wirksame Mechanismen, die ein kostenbewusstes Verhalten belohnen, existieren nicht. Zuletzt wurde mit der Praxisgebühr versucht, entsprechende Steuerungsmechanismen einzubauen. Auch wenn die Praxisgebühr durch eine falsche Konstruktion nicht die gewünschten Effekte erzielen konnte, sollte in diese Richtung weitergedacht werden. Denkbar wären z. B. eine jährliche Eigenbeteiligung, die sich an der Einkommens- und Vermögenslage des Versicherten orientiert, oder Bonussysteme.
Bislang ist es gesetzlich Krankenversicherten nicht möglich, nachzuverfolgen, welche Kosten für die Leistungserbringung anfallen. Eine entsprechende Kostentransparenz, z. B. über die Rechnungsstellung des behandelnden Arztes an den Patienten oder zumindest eine entsprechende Information über die abgerechneten Leistungen, kann dazu beitragen, das Kostenbewusstsein der Versicherten zu steigern und Missbrauch vorzubeugen. Eine bessere Information über Preise und erbrachte Qualität sollte den Versicherten den Zusammenhang zwischen ihren Beiträgen und den beanspruchten Leistungen verdeutlichen.
Gleichzeitig kann man dem Patienten in bestimmten Bereichen mehr Eigenständigkeit ermöglichen, beispielsweise über Gesamtbudgets für medizinische Bedarfsartikel bei Pflegebedürftigen anstelle der heute im Rahmen des Sachleistungsprinzips notwendigen Einzelantragsstellung, die bei Patienten und Leistungserbringern zu hohem Aufwand führt.
Patienten wollen heute stärker in ihre Behandlung einbezogen werden und sich zumindest über häufig auftretende Krankheitsbilder in einer für Laien verständlichen Form informieren oder Termine online buchen und dabei ggf. Teile der Anamnese vorab erledigen. Das muss – auch im Sinne des Gesamtsystems – berücksichtigt werden.
Krankenhäuser und Kliniken müssen bei der Gestaltung ihrer Häuser (z. B. angebotenes Leistungsspektrum, Spezialisierung) eigenverantwortlicher planen können. Die wirtschaftliche Situation öffentlicher Krankenhäuser – von denen rund 18 Prozent laut einer Umfrage aktuell nicht mehr kreditwürdig wären, in Bayern sogar ca. 21 Prozent – ist ein Indiz dafür, dass ein starker staatlicher Einfluss auf die Planung zwar vermutlich dafür geeignet ist, eine regionale Ausgewogenheit der Versorgung zu gewährleisten, möglicherweise aber weniger für die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit.
Der bestimmende Einfluss der Politik auf staatliche Häuser, in denen Mandatsträger eine Mehrheit im Aufsichtsrat stellen, muss reduziert werden, etwa durch die Aufnahme von Experten in die Aufsichtsgremien.