Be­din­gun­gen für Wirt­schaft am Stand­ort ver­bes­sern

Über die Pla­nungs­si­cher­heit et­wa bei den Prei­sen und die Ver­bes­se­rung der Zu­las­sungs­ver­fah­ren hin­aus sind wei­te­re Rah­men­be­din­gun­gen er­for­der­lich, um die gro­ßen Po­ten­zia­le zu he­ben und ins­be­son­de­re auch den Pro­duk­ti­ons­stand­ort zu stär­ken.

 

Der Zu­kunfts­rat emp­fiehlt

Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on am Stand­ort stär­ken

Zu­min­dest in ei­nem ge­wis­sen Rah­men ist es an­ge­zeigt, For­schung, Ent­wick­lung und Her­stel­lung von Arz­nei­mit­teln und Impf­stof­fen nach Bay­ern, Deutsch­land und Eu­ro­pa zu­rück­zu­ho­len, um Lie­fer- und Ver­sor­gungs­eng­päs­sen ent­ge­gen­zu­wir­ken. In vie­len Be­rei­chen – wir ha­ben ins­be­son­de­re kaum noch ei­ne Ge­ne­ri­ka-Pro­duk­ti­on, die sich mitt­ler­wei­le auf ei­ni­ge we­ni­ge An­bie­ter vor­nehm­lich in Asi­en kon­zen­triert – wird es für ein Zu­rück­ho­len zu spät sein. Um­so wich­ti­ger ist es, sich auf die Um­set­zung von For­schungs­er­geb­nis­sen in neue Pro­duk­te und Pro­duk­ti­on vor Ort zu kon­zen­trie­ren.

 

Ver­sor­gung ist auch ei­ne Fra­ge der Preis­fest­set­zung und der Zu­las­sungs­ver­fah­ren (u. a. der un­zu­rei­chen­den Dif­fe­ren­zie­rung nach spe­zi­el­len An­wen­dungs­fäl­len, z. B. in der Schwan­ger­schaft ge­eig­ne­te Blut­druck­mit­tel). Wenn die Be­din­gun­gen zu un­at­trak­tiv aus­ge­stal­tet sind, ent­ste­hen bei uns Eng­päs­se, die wir nicht un­ter Kon­trol­le ha­ben: ein Pro­duk­ti­ons­aus­fall in Chi­na führt zu ei­ner Ver­sor­gungs­ein­schrän­kung bei uns. Die Prei­se lie­gen bei den Stan­dard­me­di­ka­men­ten in 2/3 der Fäl­le un­ter dem eu­ro­päi­schen Durch­schnitt; Par­al­lel­händ­ler kau­fen Wa­re in Deutsch­land auf. Der Ef­fekt auf die Ver­sor­gungs­qua­li­tät ist in al­len Markt­seg­men­ten sicht­bar, auch in kri­ti­schen Be­rei­chen (z. B. On­ko­lo­gie). Da­her ist die Aus­schrei­bung bei Impf­stof­fen auch schon ab­ge­schafft. Aus­schrei­bun­gen soll­ten ge­ne­rell nicht bei sen­si­blen Pro­duk­ten (z. B. An­ti­bio­ti­ka) durch­ge­führt wer­den. Ei­ne Me­di­ka­men­ten­re­ser­ve wä­re kei­ne Lö­sung, da die Halt­bar­keit be­grenzt ist und ei­ne rei­ne Vor­rats­hal­tung im In­land bei be­stehen­dem Be­darf an­de­ren­orts ethisch kaum zu recht­fer­ti­gen wä­re.

Schnel­le­re Trans­la­ti­on

Die Trans­la­ti­on muss be­schleu­nigt wer­den, oh­ne da­bei Ab­stri­che bei der me­di­zi­ni­schen Sorg­falt zu ma­chen. Die von Fraun­ho­fer, Helm­holtz und der Deut­schen Hoch­schul­me­di­zin ins Le­ben ge­ru­fe­ne Pro­of-of-Con­cept-In­itia­ti­ve kann da­bei als Vor­bild die­nen. Ihr Ziel ist es, den zeit­li­chen Ab­stand zwi­schen der Ent­de­ckung neu­er po­ten­zi­el­ler Wirk­stof­fe und ih­rer Wei­ter­ent­wick­lung zu Arz­nei­mit­teln durch die In­dus­trie über ei­ne aus­schrei­bungs­ba­sier­te För­de­rung von Ko­ope­ra­tio­nen zu ver­rin­gern.

 

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Schritt wä­re die kon­se­quen­te Ein­füh­rung des Mo­dells des „Phy­si­ci­an Sci­en­tist“ (auch: Cli­ni­cal Sci­en­tist, Cli­ni­ci­an Sci­en­tist) mit ei­ner par­al­le­len Wahr­neh­mung von kli­ni­scher Tä­tig­keit und For­schungs­tä­tig­keit (z. B. 30 Pro­zent der Ar­beits­zeit in der Kli­nik, 70 Pro­zent in der For­schung, ggf. auch block­wei­se im Wech­sel) nach dem Vor­bild der USA. Da­durch wä­re ei­ne we­sent­lich bes­se­re Ver­net­zung von Grund­la­gen­for­schung und kli­ni­scher For­schung mög­lich. Bis­her gibt es in Deutsch­land auch we­gen der ver­schie­de­nen Ver­gü­tungs­sys­te­me der bei­den Schie­nen nur zeit­lich be­grenz­te För­der­pro­gram­me. Hier muss ein Um­den­ken statt­fin­den.

 

Auch an Uni­ver­si­tä­ten soll­te trans­la­tio­na­le For­schung statt­fin­den kön­nen.

 

Bei Be­darf sind von staat­li­cher Sei­te neue Platt­for­men zu un­ter­stüt­zen, die die ver­schie­de­nen Ak­teu­re (Wis­sen­schaft, Wirt­schaft, Kli­ni­ken, Start-ups etc.) zu be­stimm­ten The­men zu­sam­men­bringt.

For­schungs­freund­li­che Rah­men­be­din­gun­gen

Bay­ern ist ak­tu­ell bei den F+E Aus­ga­ben bun­des­weit auf Platz vier. Ziel muss die Spit­zen­po­si­ti­on sein, auch und ge­ra­de durch ei­nen stär­ke­ren Fo­kus auf den Ge­sund­heits­be­reich. Wäh­rend die USA ca. 100 Mil­li­ar­den Eu­ro in den Me­di­zin­be­reich in­ves­tie­ren, sind es in Deutsch­land nur rund 10 Mil­li­ar­den Eu­ro, im Bio­tech-Be­reich viel­leicht ei­ne Mil­li­ar­de.

Qua­li­täts­ge­si­cher­te, leis­tungs­fä­hi­ge Platt­for­men für me­di­zi­ni­sche Da­ten

Um die Vor­tei­le der Di­gi­ta­li­sie­rung nut­zen zu kön­nen, sind qua­li­täts­ge­si­cher­te, leis­tungs­fä­hi­ge Platt­for­men so­wohl für die dia­gnos­ti­schen und the­ra­peu­ti­schen Pa­ti­en­ten­da­ten (so­wie sons­ti­ge vom Bür­ger frei­wil­lig er­gänz­te Ge­sund­heits­da­ten) als auch für For­schungs­er­geb­nis­se drin­gend er­for­der­lich. Die­se Da­ten müs­sen mit­ein­an­der ver­netzt wer­den kön­nen, al­so z. B. Pa­ti­en­ten­da­ten aus kli­ni­schen Stu­di­en mit Se­quen­zie­rungs­da­ten, Re­al World Da­ta mit Cli­ni­cal Da­ta.

 

So feh­len heu­te bei­spiels­wei­se in der On­ko­lo­gie zu­ver­läs­si­ge Da­ten­ban­ken. Da­mit wä­re an­hand der Bi­op­sie und ei­nes Ab­gleichs der Pro­be mit wei­te­ren In­for­ma­tio­nen über den Pa­ti­en­ten (z. B. Vor-Me­di­ka­men­tie­rung, Er­näh­rungs­wei­se, ge­ne­ti­sche Da­ten) und all­ge­mei­nen In­for­ma­tio­nen aus Da­ten­bank ei­ne we­sent­lich zu­ver­läs­si­ge­re Vor­her­sa­ge des The­ra­pie­er­folgs, ei­ne Re­sis­tenz­früh­erken­nung und die Ab­lei­tung ei­ner in­di­vi­du­el­len The­ra­pie­emp­feh­lung mög­lich.

 

Ent­schei­dend ist da­bei, dass ei­ner­seits Si­cher­heit, Da­ten­schutz und Sou­ve­rä­ni­tät des Ein­zel­nen über sei­ne Da­ten ge­währ­leis­tet sind, er an­de­rer­seits aber al­len Ak­teu­ren die Mög­lich­keit ein­räu­men kann, auf be­stimm­te oder al­le Da­ten zu­zu­grei­fen. Die­se müs­sen al­so je nach Be­darf ver­schlüs­selt oder pseud­ony­mi­siert bzw. an­ony­mi­siert zur Ver­fü­gung ge­stellt und ge­nutzt wer­den kön­nen. Wich­tig ist auch, dass nach­voll­zieh­ba­re Ver­bin­dun­gen zwi­schen den Da­ten­quel­len ge­währ­leis­tet wer­den. Für äl­te­re und we­ni­ger tech­ni­kaf­fi­ne Pa­ti­en­ten muss ei­ne Lö­sung ent­wi­ckelt wer­den, die im Zwei­fel höchs­tes Schutz­ni­veau ga­ran­tiert („Treu­hän­der­sys­tem“).

 

Der von der Fraun­ho­fer-Ge­sell­schaft im Rah­men des In­ter­na­tio­nal Da­ta Space ent­wi­ckel­te An­wen­dungs­fall ei­nes Me­di­cal Da­ta Space ist ei­ne sol­che Platt­form auf na­tio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne. Die neu­ar­ti­ge Kom­bi­na­ti­on un­ter­schied­li­cher Da­ten­quel­len er­laubt es, z. B. Hy­po­the­sen aus me­di­zi­ni­schen Stu­di­en bes­ser und schnel­ler zu va­li­die­ren. Kli­ni­sche Stu­di­en kön­nen be­schleu­nigt, der Aus­tausch von Stu­di­en­er­geb­nis­sen ge­för­dert wer­den. Das Pro­jekt soll­te da­her mög­lichst bald von der Pi­lot­an­wen­dung in den Pra­xis­ein­satz über­führt wer­den.

Fach­kräf­te­si­che­rung

Ein Fach­kräf­te­man­gel ist be­reits heu­te nicht nur bei Ärz­ten, me­di­zi­ni­schem und Pfle­ge­per­so­nal spür­bar. Das gilt eben­falls für die Phar­ma-Pro­duk­ti­on, spe­zi­ell bei klei­ne­ren Un­ter­neh­men und in den eher hand­werk­lich bzw. tech­nisch aus­ge­rich­te­ten Be­ru­fen, oder in der Or­tho­pä­die­t­ech­nik. Po­si­tiv ist, dass zu­letzt mehr Ju­gend­li­che ei­ne Aus­bil­dung im Pfle­ge­be­reich be­gon­nen ha­ben: Im Herbst 2016 ha­ben rund 63.200 Ju­gend­li­che ei­ne Aus­bil­dung als Ge­sund­heits- und Kran­ken-, Kin­der­kran­ken- oder Al­ten­pfle­ger so­wie als Pfle­ge­hel­fer be­gon­nen. Ge­gen­über 2006 ist die Zahl der Aus­bil­dungs­an­fän­ger laut Sta­tis­ti­schen Bun­des­amt da­mit um 43 Pro­zent ge­stie­gen. An­ge­sichts des wei­ter­wach­sen­den Be­darfs müs­sen aber so­wohl bei der Aus­bil­dung als auch bei der Per­so­nal­ge­win­nung und -bin­dung im ge­sam­ten Ge­sund­heits­be­reich noch grö­ße­re An­stren­gun­gen un­ter­nom­men wer­den.

In­ves­ti­ti­ons­bud­gets
punk­tu­ell er­hö­hen

Das zu­neh­men­de Ge­sund­heits­be­wusst­sein füh­ren zu ei­nem er­höh­ten An­spruchs­den­ken der Men­schen. Dies hat die Be­reit­schaft zu mehr In­ves­ti­tio­nen in den Sek­tor zur Fol­ge. Die hier not­wen­di­gen Stei­ge­run­gen sind auf markt­wirt­schaft­li­cher Ba­sis zu or­ga­ni­sie­ren, da Gel­der so am ef­fek­tivs­ten ein­ge­setzt wer­den und kei­ne Ein­zel­bran­chen durch staat­li­che Vor­ga­ben be­nach­tei­ligt wer­den.

 

Die staat­li­che In­ves­ti­ti­ons­för­de­rung für die akut-sta­tio­nä­re Ver­sor­gung wur­de über die letz­te De­ka­de bun­des­weit um et­wa fünf Pro­zent re­du­ziert. Im sel­ben Zeit­raum stie­gen die Um­sät­ze der Kran­ken­häu­ser mit sta­tio­nä­ren Leis­tun­gen um 32 Pro­zent. Seit Mit­te der 70er Jah­re sank die In­ves­ti­ti­ons­för­de­rung von 20 auf et­wa vier Pro­zent der Um­sät­ze ab. Als Fol­ge be­steht im sta­tio­nä­ren Be­reich ein In­ves­ti­ti­ons­stau, der auf 20 bis 50 Mil­li­ar­den Eu­ro ge­schätzt wird.

 

Not­wen­dig sind da­bei auch ge­ziel­te In­ves­ti­tio­nen z. B. in La­bo­re. Ge­gen­wär­tig gibt es in Bay­ern im Be­reich der Hoch­leis­tungs­se­quen­zie­rung von Ge­no­men kei­ne Ge­rä­te auf neu­es­tem Stand der Tech­nik. Hier ist die Staats­re­gie­rung ge­for­dert, ei­nen Hub zu schaf­fen, um den An­schluss an die welt­wei­te Spit­ze nicht zu ver­lie­ren. Die not­wen­di­gen In­ves­ti­tio­nen hier­für be­we­gen sich im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich.

 

Ge­ne­rell soll­te die ex­pe­ri­men­tel­le Me­di­zin ge­stärkt und mit der In­dus­trie ver­netzt wer­den (Bei­spiel Krebs-Grund­la­gen­for­schung in Re­gens­burg, die u. a. zeigt, dass Me­ta­st­a­sie­rung an­ders funk­tio­niert, als bis­her ge­dacht, und die Streu­ung frü­her ein­setzt).

 

An­ge­sichts des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels und wei­te­rer Trends wie der In­di­vi­dua­li­sie­rung emp­fiehlt sich der Auf­bau von al­ten­me­di­zi­ni­schen Zen­tren in al­len Re­gie­rungs­be­zir­ken. Ein mög­li­ches Vor­bild kann z. B. das Zen­trum in Hol­le sein, das u. a. über die bau­li­che Ge­stal­tung ein Weg­lauf­ver­hal­ten ver­hin­dert und da­mit ei­ne Im­mo­bi­li­sie­rung De­menz­kran­ker mit den ent­spre­chen­den Ne­ben­wir­kun­gen un­nö­tig macht.

Di­gi­ta­li­sie­rung ge­zielt för­dern

Die Ak­ti­vi­tä­ten der Platt­form Di­gi­ta­le Ge­sund­heit und Me­di­zin am Zen­trum für Di­gi­ta­li­sie­rung (ZD.B) ei­ner­seits und die ge­plan­ten wei­te­ren Pro­jek­te wie ein di­gi­ta­ler OP-Saal beim Deut­schen Herz­zen­trum so­wie ein For­schungs­schwer­punkt „Me­di­cal In­for­ma­ti­on Sci­ence am neu­en Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Augs­burg sind wich­ti­ge Schrit­te, de­nen noch wei­te­re fol­gen müs­sen.

 

An­ge­sichts der gro­ßen und stark wach­sen­den Be­deu­tung von Künst­li­cher In­tel­li­genz im Ge­sund­heits­sek­tor muss das The­ma bei­spiels­wei­se ei­nen Schwer­punkt beim not­wen­di­gen ei­gen­stän­di­gen baye­ri­schen KI-Zen­trum bil­den.

 

Auch in der For­schungs- und Pro­jekt­för­de­rung muss ein deut­li­cher Fo­kus auf die Er­for­der­nis­se der Di­gi­ta­li­sier­ten Me­di­zin ge­rich­tet wer­den. Ent­wick­lungs­be­darf be­steht bei­spiels­wei­se auf den fol­gen­den Fel­dern:

 

  • Me­di­zi­ni­sches „Da­sh­board“ für den Arzt bzw. Pfle­ge­per­so­nal (ge­eig­ne­te Ober­flä­che mit Fach­spra­che)
  • Dia­log zwi­schen den Ak­teu­ren (z. B. Ge­sund­heits­sys­tem, IKT-In­dus­trie, for­schen­den Un­ter­neh­men) zur Klä­rung noch of­fe­ner Fra­gen bei der Um­set­zung di­gi­ta­ler An­wen­dun­gen (z. B. Cloud Com­pu­ting)
  • Brei­ten­an­wen­dun­gen, die se­cu­ri­ty by de­sign und pri­va­cy by de­sign si­cher­stel­len

Start-ups und jun­ge
Un­ter­neh­men

Syn­er­gi­en stär­ken und nut­zen

In­ter­es­san­te For­schungs­er­geb­nis­se und neue Ge­schäfts­fel­der er­öff­nen sich re­gel­mä­ßig an der Schnitt­stel­le zwi­schen Bran­chen und Tech­no­lo­gi­en, wie schon die vbw-Stu­die Bay­erns Zu­kunfts­tech­no­lo­gi­en (2015) ein­drucks­voll be­legt hat.

 

Die Ge­sund­heits- und Me­di­zin­tech­no­lo­gi­en wei­sen im tech­no­lo­gi­schen Sinn be­son­ders en­ge Ver­knüp­fun­gen zu Di­gi­ta­li­sie­rung und IKT, Bio­tech­no­lo­gi­en, Na­no­tech­no­lo­gi­en und Er­näh­rungs- und Le­bens­mit­tel­tech­no­lo­gi­en auf:

 

Zu­min­dest per­spek­ti­visch kann bei­spiels­wei­se der Im­pact der Na­no­tech­no­lo­gie auf die Ge­sund­heits- und Me­di­zin­tech­no­lo­gi­en auch noch deut­lich grö­ßer aus­fal­len.

 

Dar­über hin­aus hat das wei­ter ge­fass­te The­ma Ge­sund­heit aber di­rek­te Be­zü­ge zu al­len Schlüs­sel­tech­no­lo­gi­en, sei­en es der Ein­satz neu­er Ma­te­ria­li­en in der tech­ni­schen Or­tho­pä­die (z. B. 3-D-Druck von Pro­the­sen) oder die er­go­no­mi­sche Aus­ge­stal­tung der in­dus­tri­el­len Pro­duk­ti­on.

 

 

Er­gänzt wer­den die­se Zu­kunfts­tech­no­lo­gi­en um wich­ti­ge Quer­schnitts­wis­sen­schaf­ten wie bei­spiels­wei­se Ethik, (Wirt­schafts-)Psy­cho­lo­gie, So­zio­lo­gie und Recht. Sie spie­len ge­ra­de im Ge­sund­heits­be­reich ei­ne ganz zen­tra­le Rol­le.

 

Die Ver­net­zung zwi­schen all die­sen Be­rei­chen muss ak­tiv ge­för­dert wer­den, sei es im Be­reich der For­schungs­po­li­tik, der Aus­bil­dung oder auch durch Ko­ope­ra­tio­nen auf Un­ter­neh­mens­ebe­ne. Auch Cross-Clus­ter-An­sät­ze sind in die­sem Sin­ne der rich­ti­ge Weg und soll­ten wei­ter ge­stärkt wer­den.

Chan­cen der Re­gio­nen in Bay­ern nut­zen

Ge­ra­de länd­li­che Re­gio­nen pro­fi­tie­ren von spe­zi­fi­schen Pro­fi­len, zu­mal Un­ter­neh­men der Ge­sund­heits­wirt­schaft hier nicht sel­ten zu den größ­ten Ar­beit­ge­bern ge­hö­ren. Die­se Stär­ken gilt es aus­zu­bau­en. Ei­ne re­gio­na­le Pro­fil­bil­dung ist vor al­lem für die Lo­kal­po­li­tik ei­ne loh­nen­de Auf­ga­be. Die In­itia­ti­ve „Ge­sund­heits­re­gio­nen“ der baye­ri­schen Staats­re­gie­rung bie­tet be­reits wert­vol­le An­sät­ze. Die prä­di­ka­ti­sier­ten Kur­or­te ha­ben da­bei ei­ne wich­ti­ge Funk­ti­on.

 

Auch die ge­ziel­te För­de­rung von Un­ter­neh­mens­an­sie­de­lun­gen in Bay­ern muss wei­ter in­ten­si­viert wer­den, über die im Be­reich Ge­sund­heit sehr er­folg­rei­chen Me­tro­pol­re­gio­nen Mün­chen und Nürn­berg hin­aus.

Um­welt und Ge­sund­heit

Die Er­for­schung des Wech­sel­spiels von Um­welt und Ge­sund­heit ist ein wich­ti­ges Feld, aus dem sich für die oh­ne­hin bei Um­welt­tech­no­lo­gi­en stark po­si­tio­nier­te baye­ri­sche Wirt­schaft mög­li­cher­wei­se in­ter­es­san­te Ge­schäfts­fel­der er­ge­ben. Zu Recht soll sich die neue Me­di­zi­ni­sche Fa­kul­tät in Augs­burg da­her un­ter an­de­rem dem For­schungs­schwer­punkt „Me­di­cal Health Sci­ence“ wid­men. Be­son­de­res Au­gen­merk soll­te dar­auf ge­rich­tet wer­den, mehr Fak­ten­ori­en­tie­rung und Sach­lich­keit in die Dis­kus­sio­nen über um­welt­be­zo­ge­ne Ge­sund­heits­ri­si­ken zu brin­gen. So müs­sen z. B. sämt­li­che Grenz­wer­te, die dem Ge­sund­heits­schutz die­nen, strikt evi­denz­ba­siert sein. Er­for­der­lich ist ein kla­rer Nach­weis, ober­halb wel­cher Men­ge ei­ne be­stimm­te Sub­stanz schäd­lich ist. Die­sen Nach­weis gibt es bei­spiels­wei­se bei Fein­staub und Stick­oxi­den nicht.

Baye­ri­sche Ge­sund­heits­wirt­schaft in­ter­na­tio­nal bes­ser ver­net­zen

Bay­ern kann als Stand­ort für Ge­sund­heits­dienst­leis­tun­gen im in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb bes­ser po­si­tio­niert wer­den als bis­lang. Ein Blick auf die Be­dürf­nis­se aus­län­di­scher Kun­den – sei es im Be­reich Kran­ken­häu­ser als Pa­ti­ent, bei der Me­di­zin­tech­nik als Käu­fer oder bei in­ter­na­tio­na­len Un­ter­neh­men als Auf­trag­ge­ber – ist hier eben­so hilf­reich wie ei­ne Mar­ke­tin­ginitia­ti­ve. Ge­sund­heits- und Tou­ris­mus­wirt­schaft ha­ben hier glei­cher­ma­ßen gro­ße Er­folgs­aus­sich­ten. Auch die Qua­li­fi­ka­ti­on von aus­län­di­schen Fach­kräf­ten in Bay­ern trägt zur in­ter­na­tio­na­len Ver­net­zung bei.

Neue Lö­sun­gen für die Ent­wick­lungs­hil­fe

Die Ent­wick­lung und der Ein­satz neu­er Tech­no­lo­gi­en kann auch in­di­rekt dem Stand­ort Bay­ern bzw. Deutsch­land nüt­zen, wenn sie in Ent­wick­lungs­län­dern zum Ein­satz kom­men und dort die Ver­sor­gung ver­bes­sern und ef­fi­zi­en­ter or­ga­ni­sie­ren hel­fen. Als sinn­voll er­weist sich da­bei an­stel­le ei­ner Fo­kus­sie­rung auf ein­zel­ne Krank­hei­ten ins­be­son­de­re ei­ne Un­ter­stüt­zung des Ge­sund­heits­sys­tems im Gan­zen, z. B. durch ei­nen bes­se­ren Zu­gang der Be­völ­ke­rung zu Ge­sund­heits­in­for­ma­tio­nen (z. B. Imp­fun­gen und Impf­ter­mi­ne). Er­for­der­lich da­für sind die Ent­wick­lung re­le­van­ter In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­te eben­so wie das Be­reit­stel­len ei­nes Zu­gangs­punkts, wo sie kos­ten­los ab­ge­ru­fen wer­den kön­nen. Mit ei­ner glo­ba­len In­for­ma­ti­ons­ver­net­zung (z. B. dem Health In­for­ma­ti­on Sys­tem Pro­gram, ge­hos­tet an der Uni­ver­si­tät in Os­lo) kön­nen u. a. Krank­heits­aus­brü­che ver­folgt oder der not­wen­di­ge Per­so­nal­ein­satz pro­gnos­ti­ziert und ge­plant wer­den. Vor­tei­le für un­se­ren Stand­ort lie­gen un­ter an­de­rem in ei­ner ef­fi­zi­en­te­ren Ge­währ­leis­tung von Ent­wick­lungs­hil­fe und der Be­kämp­fung von Flucht­ur­sa­chen.

Emp­feh­lun­gen an Un­ter­neh­men

Wei­te­re Rah­men­be­din­gun­gen

Auch für die Ge­sund­heits­wirt­schaft ist es ent­schei­dend, dass ei­ne Pro­duk­ti­on am Stand­ort Bay­ern und Deutsch­land im Hin­blick auf Fle­xi­bi­li­tät und Kos­ten im in­ter­na­tio­na­len Ver­glich wett­be­werbs­fä­hig bleibt bzw. noch kon­kur­renz­fä­hi­ger wird.

 

Hier­zu zäh­len zu­nächst die Ar­beits­kos­ten. Sie sind zu­gleich Vor­aus­set­zung und Er­geb­nis ei­ner ef­fek­tiv ar­bei­ten­den Ge­sund­heits­wirt­schaft. Ein we­sent­li­ches Ele­ment sind ver­kraft­ba­re Lohn­zu­satz­kos­ten, die dau­er­haft un­ter­halb der Gren­ze von 40 Pro­zent blei­ben.

 

Das deut­sche Ar­beits­zeit­recht ist ins­be­son­de­re mit sei­nen täg­li­chen Höchst­ar­beits­zei­ten we­nig fle­xi­bel. Ge­ra­de die Ge­sund­heit hält sich aber nicht an ei­nen fes­ten Stun­den­plan. Hier soll­te zu­min­dest der eu­ro­pa­recht­lich zu­läs­si­ge Rah­men aus­ge­schöpft und um­ge­hend auf ei­ne Be­trach­tung der Wo­chen­ar­beits­zeit um­ge­stellt wer­den.

 

Wett­be­werbs­fä­hi­ge En­er­gie­kos­ten sind ins­be­son­de­re – aber nicht nur – für die Phar­ma­in­dus­trie ein kri­ti­scher Fak­tor. Sie sind im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich zu hoch und müs­sen drin­gend auf ein ver­träg­li­ches Ni­veau ge­bracht wer­den, z. B. durch ei­ne Ab­sen­kung der En­er­gie­steu­er auf das eu­ro­pa­recht­lich vor­ge­ge­be­ne Min­dest­ni­veau.

 

Die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struk­tur muss flä­chen­de­ckend hoch­leis­tungs­fä­hig aus­ge­baut wer­den. Die Zie­le auf Bun­des- und Lan­des­ebe­ne zum Glas­fa­ser- und Mo­bil­funk­aus­bau ge­hen in­so­weit in die rich­ti­ge Rich­tung, soll­ten aber noch schnel­ler er­reicht wer­den. Der Bund will bis 2021 u. a. Kran­ken­häu­ser und so­zia­le Ein­rich­tun­gen der öf­fent­li­chen Hand so­wie bis 2025 al­le Haus­hal­te mit Glas­fa­ser ver­sor­gen; bei der Te­le­me­di­zin oder auch der Nach­sor­ge reicht ein sta­bi­les schnel­les Netz bis zum Kran­ken­haus je­doch nicht, es muss bis zum Pa­ti­en­ten rei­chen.

 

Auch die Te­le­ma­tik­in­fra­struk­tur muss zü­gig wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den. Not­wen­dig ist ei­ne Ein­be­zie­hung al­ler Leis­tungs­er­brin­ger, auch z. B. der Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, und es muss In­ter­ope­ra­bi­li­tät si­cher­ge­stellt wer­den.

 

Ver­kehrs­we­ge so­wie Mo­bi­li­täts­an­ge­bo­te spie­len ei­ne ent­schei­den­de Rol­le im Ge­sund­heits­be­reich. Zu den Vor­tei­len des au­to­no­men Fah­rens – bei des­sen Ent­wick­lung un­se­re Au­to­mo­bil­in­dus­trie ei­ne füh­ren­de Rol­le ein­neh­men muss – zäh­len auch die Po­ten­zia­le für die flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung mit Arzt- und Pfle­ge­leis­tun­gen. Ei­ner­seits kann der Arzt oder Pfle­ger wäh­rend der Fahrt zum Pa­ti­en­ten wei­te­re Auf­ga­ben wahr­neh­men, z. B. Be­rich­te über be­reits ab­sol­vier­te Pa­ti­en­ten­kon­tak­te, Ab­rech­nun­gen oder di­gi­ta­le An­ge­bo­te, an­de­rer­seits wird auch der Pa­ti­ent we­sent­lich mo­bi­ler und kann eher als heu­te zu den ent­spre­chen­den Ein­rich­tun­gen trans­por­tiert wer­den.

 

Un­nö­ti­ge Bü­ro­kra­tie muss nicht nur in der Ab­rech­nungs-, Preis­fest­set­zungs- und Er­stat­tungs­sys­te­ma­tik ab­ge­baut bzw. von vorn­her­ein ver­mie­den wer­den, son­dern das The­ma spielt für den Ge­sund­heits­be­reich auch dar­über hin­aus ei­ne wich­ti­ge Rol­le, z. B. bei der Ent­wick­lung neu­er Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen oder für die Ent­wick­lung von Start-Ups und jun­gen Un­ter­neh­men.